Wie meine Figuren zu ihren Namen kommen

Wer meine Geschichten kennt, weiß auch, dass meine Figuren mit teilweise sehr ungewöhnlichen Namen um die Ecke kommen. Katastry Bollardshyk beispielsweise oder Epistophanus Dokokkulu. Und da stellt sich durchaus die Frage, woher nehme ich diese Namen, welche Laune hat mich getrieben, meinen Lesern so ein Kauderwelsch vorzusetzen?
Manche Autoren gehen bei der Namenswahl alphabetisch vor (alle Figuren beginnen in der Reihenfolge des Alphabets oder mit dem gleichen Buchstaben), andere wiederum verbinden die gewählten Namen sinngemäß mit der Handlung (zum Beispiel Luna für ein Mädchen, das auf den Mond reist). Wieder andere achten strikt darauf, dass der Name unbedingt in die Zeit der Handlung passt oder dass er gut aussprechbar ist.
Auch wenn ich auf jeden Fall ein Fan davon bin, gut aussprechbare Namen zu benutzen, so habe ich doch bei meinen Figuren manchmal kein Mitspracherecht. Klingt komisch? Ist es auch. Wenn ich nun noch dazuschreibe, dass ich manchmal sogar kein Mitspracherecht bei der Handlung habe, hältst du mich für komplett bekloppt, oder?
Tatsächlich ist es so, dass in den meisten Fällen die Figur zuerst in meinem Kopf herumschwirrt. Sie bringt ihren Namen bereits mit und wenn ich mich darauf einlasse, erzählt sie ihre Geschichte. Katastry Bollardshyk ist zum Beispiel so einer. Ich habe etwa drei Tage mit ihm gerungen, bis ich mich mit seinem Namen abgefunden habe. Allerdings war eine Bedingung, dass ich das unaussprechliche Konstrukt auf ein lesbares Format kürzen darf und so wurde aus Katastry Bollardshyk – Katsy Bo. Liest sich doch gleich viel besser, oder? Aus Epistophanus Dokokkulu wurde übrigens Epido. Die Verhandlungen waren hart. Seeeehr hart. 🙂
Wenn die Namenssache geklärt ist, kann es mit der Schreiberei losgehen und da halte ich mich auch daran, dass es die Geschichte ist, die zur Figur passen muss. Es ist ja schließlich ihre Story, ich bin nur Erfüllungsgehilfe. Über die „Verhandlung“ rund um den Namen baue ich bereits eine Beziehung zur Figur auf. Diese ist Voraussetzung dafür, dass die Geschichte flüssig und rund wird. Allerdings ist sie keine Garantie dafür, dass die Figur auch überlebt. Soweit gehen die Zugeständnisse dann doch nicht.
Benötige ich einen Namen für eine Nebenfigur, greife ich – wenn, diese Figur keinen eigenen Namen mitbringt und mir spontan auch kein passender einfällt – zu einem Trick. Ich verwende ganz normale Namen und vertausche nur die Buchstaben.
Kann ich keine Bettina in eine ägyptische Geschichte packen, dann verdrehe ich den Namen einfach. So wird aus der gutbürgerlichen Bettina ein Anebitt, eine Tibenat oder ein Taniteb. Taniteb kann recht gut am Nil leben, finde ich. In einer mittelalterlichen Geschichte kann kein Kevin einen Auftritt haben, ein Veik aber schon.
Da ich selbst keine Namen mag, die mir schwer über die Zunge gehen (wie das zum Beispiel bei Büchern aus China, Norwegen oder Schweden der Fall ist), achte ich darauf, dass die Namen nicht zu sehr holpern und dass die verschiedenen Figuren bzw. deren Namen nicht zu ähnlich klingen. Wer kennt es nicht, wenn man ständig zurückblättern muss, weil man nicht mehr weiß, wer wer ist?
Passt der Name nicht zur Figur, kann das durchaus eine Schreibblockade auslösen. Ich merke, wie zäh der Stoff wird oder komme gar nicht in den Schreibfluss, finde keinen Zugang zur Figur und dem, was sie tut. Dann muss ich das korrigieren, bis es sich gut anfühlt. Gelingt mir das nicht, bleibt die Geschichte ungeschrieben.
Wer hätte gedacht, dass ein Name so eine Auswirkung haben kann?